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Die Macht der Gewohnheit oder wie sich das Gesundheitsverhalten verändern lässt

Viele Menschen gehen mit einer Reihe von Vorsätzen in das neue Jahr.

Doch warum gelingt es uns oft nicht, unsere Vorsätze umzusetzen und welche Faktoren sind daran beteiligt, ob es gelingt ein Gesundheitsverhalten positiv und vor allem langfristig zu verändern? Erfahren Sie mehr…

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Ein steiniger Weg

Wenn an Silvester um zwölf Uhr die Korken knallen und auf das neue Jahr angestossen wird, gehen viele Menschen mit guten Vorsätzen ins nächste Jahr: Ich will gesünder leben. Ich will mich weniger stressen lassen. Ich will mich besser entspannen können. Aber nicht nur zum neuen Jahresbeginn nehmen sich Menschen vor, das eigene Verhalten zu verändern. Anhand von unseren Bedürfnissen, Wünschen und Einstellungen sowie unserem Umfeld, bilden wir ständig neue Vorsätze, wie wir unser Leben gestalten wollen, wer wir sein möchten und welches Verhalten uns wichtig ist. Trotzdem gelingt es uns nur manchmal, diese Vorsätze umzusetzen, unser Verhalten langfristig zu verändern und das neue Verhaltensmuster aufrechtzuerhalten. Besonders ein Gesundheitsverhalten über längere Zeit beizubehalten oder sich ein gesundheitsschädliches Verhalten dauerhaft abzugewöhnen ist für die meisten Menschen sehr schwierig.

Menschen Köpfe

Die Macht der Gewohnheit

Bei der Implementierung eines Gesundheitsverhaltens stehen uns oft konkurrierende Gewohnheiten im Weg. Wir handeln entsprechend unseren Gewohnheiten, wenn wir ein Verhalten zeigen ohne gross darüber nachzudenken oder uns bewusst dafür zu entscheiden. Adriaanse et al. (2011) nehmen an, dass der Prozess, wie eine Implementationsintention wirkt, darauf zurückzuführen ist, dass mit der Implementationsintention der kognitive Vorteil von Gewohnheiten durchbrochen werden kann. Das bedeutet, dass die Gewohnheit fest im Verhaltensmuster verankert und schneller zugänglich ist als ein neues Verhaltensmuster. Der Begriff Implementationsintention wurde erstmalig von Gollwitzer (1996) verwendet. Hier wird eine zukünftige Situation oder Gelegenheit zur Handlung verbunden mit dem spezifischen Verhalten, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen (Gollwitzer, 1996). Der Wenn-dann-Plan sollte präzise definieren, wo, wann und wie das Verhalten ausgeführt wird. Eine Gewohnheit wird in der entsprechenden Situation sofort aktiviert und braucht wenig kognitive Ressourcen zur Verhaltensausführung. Die Implementationsintention wird von Adriaanse et al. (2011) als Gegengewicht verstanden, welcher diesen Vorteil der Gewohnheit reduzieren kann. Die gewohnte Handlung wird aber nicht einfach von der Implementationsintention überschrieben, sondern als alternative Handlung angeboten, welche damit in Konkurrenz zur Gewohnheit treten kann.

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Antizipierte Reue und innerer Drang

Das Bedürfnis eine gewünschte Verhaltensänderung herbeizuführen, beinhaltet das Aufkommen von negativen Gefühlen wie Frustration, Ärger oder Bedauern, wenn das Verhalten nicht umgesetzt werden kann. Das Konstrukt der antizipierten Reue bezieht sich darauf, ob man infolge der Nichtrealisierung eines gewünschten Verhaltens Unzufriedenheit und Reue empfindet (Abraham & Sheeran, 2003). Das Vermeiden solcher negativen Gefühle erhöht die Willensanstrengung, trotz Hindernissen wie Motivationsverlust, äusseren Widerständen oder hohen Kosten für die Ausführung des Verhaltens das Ziel trotzdem gemäss dem Vorsatz zu erreichen. Wang (2010) stellt darüber hinaus fest, dass es individuelle Unterschiede zu geben scheint, wie empfänglich Personen für antizipierte Gefühle sind. Abhängig von Persönlichkeitsunterschieden kann der Einfluss von antizipierter Reue auf die Zielverfolgung variieren.

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Das Bedürfnis nach kognitiver Geschlossenheit ist ein motivationales Konstrukt und wird definiert als Neigung, lieber eine Entscheidung zu treffen oder Aufgaben abzuschliessen, statt Ambiguität und Unsicherheit auszuhalten (Roets et al., 2015). Personen mit hohen Werten auf der NFC-Skala (von Webster & Kruglanski, 1994) haben ein starkes Bedürfnis, zu einer Entscheidung zu kommen oder eine Aufgabe abzuschliessen und empfinden dementsprechend einen inneren Drang dieses Bedürfnis zu erfüllen. Menschen mit starker Ausprägung auf der NFC-Skala (NFC = need for cognitive closure nach Webster & Kruglanski, 1994) zeichnen sich durch eine Vorliebe für Ordnung aus, schätzen Berechenbarkeit und Sicherheit und empfinden Unbehagen, wenn eine Situation nicht genau eingeschätzt werden kann (Roets et al., 2015). Roets & Van Hiel (2008) stellten fest, dass Personen mit hohen NFC-Werten höhere Stresswerte wie Bluthochdruck, eine erhöhte Herzrate oder gesteigerte Erregbarkeit aufwiesen, wenn sie mit entsprechenden Aufgabenstellungen konfrontiert wurden. Der resultierende Drang, ein Verbleiben in diesem Zustand zu vermeiden, motiviert dazu ein Ziel möglichst schnell zu erreichen.

ich will, ich kann ich werde - motivation

Konsequenzen für das Verändern von Gesundheitsverhalten

Die Wirkung von Vorsätzen scheint weniger über die Hemmung von Gewohnheiten erreicht zu werden, sondern vielmehr, indem Implementationsintentionen das Bedürfnis des gefassten Vorsatzes der Gewohnheit gegenüberstellen und sich als gleichwertige Verhaltensalternative etablieren. Implementationsintentionen können spezifisch dazu genutzt werden, Alternativ- und/oder Copingstrategien zu entwickeln, um bei Hindernissen dennoch die Zielverfolgung aufrecht zu erhalten. Des Weiteren scheint antizipierte Reue als Prädiktor für Gesundheitsverhalten von Bedeutung zu sein. Werden Personen dazu angeregt, antizipierte negative Zustände zu berücksichtigen, sollte dies zu einem verstärkten Bedürfnis und innerem Drang zur Ausführung des vorgenommenen Verhaltens führen. Hier erscheint jedoch sinnvoll, auch den positiven Aspekt (z.B. wenn ich MEV übe, fühle ich mit gut) in die Implementationsintention zu inkludieren und nicht nur den negativen Aspekt (wenn nicht geübt habe, fühle ich mich schlecht) hervorzuheben. Es ist anzunehmen, dass sich sonst negative affektive Zustände von Schuld, Traurigkeit oder sogar Aggression manifestieren können. Daraus ergeben sich langfristig vermutlich keine günstigen Bedingungen oder keine anhaltende Motivation für die Person, das Ziel zu verfolgen.

Besonders negative Emotionen oder besser gesagt die Vermeidung, solche empfinden zu müssen, wirken jedoch als starker Antrieb für die Implementierung von Verhaltensweisen. Das Antizipieren von Gefühlen der Reue beinhaltet immer auch die Chance, diese noch abwenden zu können und durch zielgerichtetes Verhalten einen positiven affektiven Zustand zu erreichen. Die Bedeutung von Gefühlen im Kontext von Vorsätzen ist umso mehr von Interesse für Interventionen (z.B. Fähigkeit zur Affektregulation verbessern), da Emotionen weniger stabil und leichter beeinflussbar im Vergleich zu Persönlichkeits-eigenschaften und Gewohnheiten sind (Wang, 2011). Implementationsintentionen stellen ein hilfreiches Mittel bei der Realisierung von Vorsätzen dar, reichen jedoch für die langfristige Etablierung von Gesundheitsverhalten nicht aus. Weitere beteiligte Faktoren werden in verschiedenen Fachartikeln diskutiert und müssen in weiteren wissenschaftlichen Studien empirisch erforscht und untersucht werden.

Ressourcen und Faktoren, welche bei der Entwicklung eines Gesundheitsverhaltens und beim Umgang mit Alltagsstressoren beteiligt sind, schlagen sich im individuellen Stress- und Selbstmanagement einer Person nieder und können spezifisch gefördert und aktiviert werden.

Mehr Informationen zu Ressourcenaktivierung und der Begleitung von Klienten beim Aufbau einer persönlichen Gesundheitskompetenz finden Sie beim Lehrgang BeraterIn für Stress- und Selbstmanagement 

Literatur:

Abraham, C., & Sheeran, P. (2003). Acting on intentions: The role of anticipated regret. British Journal of Social Psychology, 42(4), 495-511.

Adriaanse, M., Gollwitzer, P., De Ridder, D., De Wit, J., & Kroese, F. (2011). Breaking habits with implementation intentions: A test of underlying processes. Personality & Social Psychology Bulletin, 37(4), 502-13.

Gollwitzer, P. (1996). The volitional benefits of planning. In Gollwitzer, P. und Bargh, J.A. (Eds.), The psychology of action – Linking cognition und motivation to behavior (pp. 287-312). New York: Guilford Press.

Roets, A., Kruglanski, A. W., Kossowska, M., Pierro, A., & Hong, Y. (2015). The motivated gatekeeper of our minds: New directions in need for closure theory and research. Advances in Experimental Social Psychology, 52. 221-283.

Wang, X. (2011). The role of anticipated negative emotions and past behavior in individuals’ physical activity intentions and behaviors. Psychology of Sport & Exercise, 12(3), 300-305.

Webster, D. & Kruglanski, A. W. (1994). Individual differences in need for cognitive closure. Journal of Personality and Social Psychology, 67(6), 1049-1062.